Frankfurter Fische / Uwe Krüger

Paschke starrte in die tiefschwarze Öffnung eines Pistolenlaufs. Er drehte sich um und rannte los, stockte einen Moment, als er die Tür erreichte, wartete auf die Kugel, die kommen musste, dann war er draußen in der Dunkelheit des nächtlichen Gebäudes. Keuchend stolperte er die Treppe zu den Terrarien hinauf. Er hoffte, dass er seinen Heimvorteil nutzen und im Finstern
entwischen konnte. (Zitat S.9)


Kennt ihr den Moment, wo ihr ein Buch in den Händen habt, wisst, dass ihr es lesen müsst, um damit abschließen zu können? Mir erging es bei diesem Buch so. Als der Autor mir das Buch vor einiger Zeit zur Rezension angeboten hatte, hatte ich wenig Lust und war durch eine andere Rezension leicht abgeschreckt. Trotzdem schickte mir der Autor das Buch. Nach gut 100 Seite wurde jedoch klar, dass das Buch bei mir auch durchfallen würde. Wir einigten uns darauf, das Buch an diesem Punkt ins Regal zurückzustellen. Für mich wollte ich aber irgendwann damit abschließen, und nun hatte ich die Geduld dafür.

'''o0o OPTK o0o'''
Frankfurter Skyline im Abendrot mit einem Gewässer im Vordergrund. Es sieht nett aus, aber es ist nichts was mich im Laden angezogen hätte oder mir so gefallen würde, obwohl ich ein großer Fan von Sonnenuntergängen bin.

'''o0o ERMITTLER o0o'''
Klaus Sebald – Hauptkommissar

'''o0o INHALTLICHE FAKTEN o0o'''
Ort: Frankfurt an Main
Zeit: Gegenwart
Perspektive: Dritte Person
Alter der Figuren: 30-50

'''o0o WORUM GEHT ES? O0o'''
Frankfurt am Main mitten im tiefsten Hochsommer: Statt sich am See oder im Schwimmbad abzukühlen geht es für Hauptkommissar Sebald in das Aquarium des Frankfurter Zoos. Ein Nachtwächter ist in dem Gehege der Krokodile umgekommen. Noch wissen sie nicht, ob es ein Unfall war oder mehr dahinter steckt. Doch bald wird klar, dass mehr dahinter stecken, denn es tauchen immer wieder merkwürdig, zugerichtete Leichen auf. Erst wird ein Zuhälter fast bis zur Unkenntlichkeit bearbeitet, dann wird die unbekannte Trickbetrügerin, die sich an Sebald herangemacht hat ermordet. Es folgt die Ehefrau des Kollegen und bald ist auch ein Kollege tot. Ja, sogar ein Mafiaboss muss dran glauben. Alles wirklich nur Zufälle und einzeln zu betrachtende Mordfälle, die auf die Hitze des Hochsommers zurückzuführen sind, oder gibt es einen anderen Grund warum Leichen den Weg von Sebald so offensichtlich pflastern?

'''o0o WIE HAT ES MIR GEFALLEN? o0o'''
„Frankfurter Fische“ ist in der Tat ein recht ungewöhnlicher Krimi von einem Autoren, der versucht seine Leser auf eine Art und Weise zu fesseln, die neue Themen, Wege und Umsetzungen beinhaltet. Gute Ansätze sind schön, aber reichen leider allein nicht aus.

Der Autor setzt bei seinem Kriminalroman nicht auf einen klassischen Toten, sondern lässt sich wirklich interessante Mordfälle einfallen. Manche haben mich zum Schmunzeln gebracht, andere sind abschreckend brutal. Ohne Frage versucht der Autor stetig dafür zu sorgen, dass der Roman spannend bleibt. Leider setzt er auf zu viele einzelne Ansätze. Es wirkt dadurch immer konfuser und es fällt unglaublich schwer dem Inhalt zu folgen. Oft musste ich das Buch aus der Hand legen und den Inhalt sacken lassen, um nicht den Faden zu verlieren. Nach dem dritten kleineren Handlungsstrang wäre ich froh gewesen, wenn er es dabei belassen hätte. Manchmal ist weniger einfach mehr. Allerdings bin ich generell nicht der Fan von extrem viel wechselnden Handlungssträngen.

Bei vielen Handlungssträngen sind viele Themen ein Selbstläufer. Hier setzt der Autor auf eine interessante Mischung. Rotlichtmilleu, Mafia, Forschungsarbeiten, Ägypten und Fische. Ja, wenn ihr etwas über die kleinen Schwimmer im Wasser lernen wollt, was über Schulbiologie hinausgeht, dann kann euch der Autor, der sich damit beruflich auskennt, einiges im Buch vermitteln. Wer sich dafür nicht interessiert, der wird sich streckenweise, zum Glück nie lange, langweilen. Es ist eben ein außergewöhnliches Thema, was aber manchmal etwas unrealistisch angepackt wurde.

Schon von Anfang an ist diese Themen und Handlungsvielfalt vorhanden. Gerade am Anfang entsteht dadurch das Problem, dass der Autor erst einmal alle Figuren einführen muss. Wie er die Figuren einführt muss man jedoch wiederum mögen. Ich selbst habe ein schlechtes Namensgedächtnis und benötige gute Bilder dazu. Daher empfinde ich zu viele Figuren erschlagend. Leider ist es schwer zu erkennen, wer relevant ist und somit im Gedächtnis verankert werden muss. Zudem empfand ich die Figuren oftmals einfach blass. Größte Ausnahme ist Sebald persönlich. Ihm widmet der Autor logischerweise die größte Aufmerksamkeit, trotzdem schafft er es nicht, dass ich mich auf ihn einlassen kann. Es fehlt die nötige Verbindung im emotionalen Bereich.

Neben den Figuren geht der Autor unglaublich viel auf die Stadt Frankfurt ein. Ich selbst war noch nie dort, habe aber nach dem Buch das Gefühl, als würde ich durch meine Heimat Hamburg laufen. Das ist nun etwas übertrieben dargestellt, aber er versucht anderen Leuten sehr detailliert und authentisch die Schauplätze zu präsentieren. Einerseits ist das löblich und ihm vor allen Dingen gut gelungen, aber es zieht die Handlung in die Länge und nimmt dem Buch Spannung. Spannung, die eben durch die vielen Handlungen eh nur schwer aufkommt.

Wo ich  nun schon etwas auf den Stil eingegangen bin, möchte ich diesen Punkt noch etwas ausführlicher behandeln. Der Stil ist detailliert, hat oftmals Stärken, wo sich Potential erkennen lässt, aber es gibt genügend Momente, wo ich denke, dass der Stil sehr ausbaufähig ist. Es sind jedoch Kleinigkeiten, die mir persönlich eben etwas mehr ins Auge stechen. Zum Beispiel fällt es mir bei der Namensnutzung auf. Ein guter Autor, der seinen Stil und Fans gefunden hat, schafft es normalerweise, dass man die Figur wahrnimmt, verfolgt, aber der Name nicht wie Peitschenhiebe auffallen. Anders kann ich es nicht beschreiben. In diesem Buch hatte ich immer das Gefühl, dass die Namen regelrecht herausstechen, so als hätte ich selbst auf unbeholfene Weise versucht ein Buch zu schreiben. Schaut euch allein einmal die Leseprobe an, die auf Amazon oder beim Verlag zu finden ist. „Martin Patschke“, „Patschke“. Durch den Nachnamen der höchsten Mal mit dem Vornamen kombiniert wird, wirkt alles so unpersönlich. Später kommen dann andere Wiederholungen. Zum Beispiel in Kapitel 4, die ihr auch in der Leseprobe findet. Zitate aus Kapitel 4 „Die junge Frau erreichte den Grund“, „Die Frau sah auf ihre Uhr“, „Die Frau spürte“, „Die Frau umfasste“...  Es ist unpersönlich, selbst wenn die Frau unbekannt ist und man nicht immer sie verwenden möchte. In meinen Augen ist der Stil stellenweise unausgereift und der Rohdiamant muss noch etwas Feinschliff erhalten.



Alles in allem ist das Buch auf seine Art und Weise ein interessanter Krimi, der mich aber nicht überzeugen kann. Der Stil ist eben nicht immer ausgereift, stellenweise wirken manche Handlungen an den Haaren herbeigezogen, was bei einem sonst so authentischen Roman (siehe Schauplätze) nicht unbedingt sein sollte, und die Spannung geht leider immer wieder verloren.

'''o0o BUCHFAKTEN o0o'''
Autor: Uwe Krüger
Titel: Frankfurter Fische
Broschiert: 432 Seiten
Verlag: Emons, H J (29. August 2013)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3954511622
ISBN-13: 978-3954511624
Preis: € 10,90
Genre: Krimi
Gelesen in: 10 Tagen

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